Stress und dein Verlangen nach Zucker

27 Juli 2016 |

Kategorien:Allgemein

Stress und Gestresst-sein ist in unserer Gesellschaft salonfähig und verrückterweise auch irgendwie ein anzustrebender Status quo.

Wer einfach so nichts vor hat und die Seele baumeln lässt macht sich verdächtig. Wer hingegen ständig busy ist, die Überstunden nur so anhäuft, von Termin zu Termin eilt und viele Projekte zeitgleich jongliert gilt als unabkömmlich und wichtig.

Schon ziemlich verrückt, oder?!

 

Was ist Stress eigentlich und wozu benötigen wir ihn?

Für Stress gibt es eigentlich keine eindeutige Definition, da es sich hierbei um eine sehr subjektive Erfahrung handelt.

Stress ist ein Mechanismus von Körper, Geist und Seele, sich an die gegebenen Umstände anzupassen und dementsprechend schnell und effizient reagieren zu können.

Dabei ist es ganz gleich, ob der auslösende Stressor ein angreifender Tiger oder der brüllende Chef ist. Die biochemische und psychische Reaktion ist immer die gleiche.

 

Was passiert im Körper bei Stress?

Unser ganzer Körper wird aktiviert, um der stressigen Situation möglichst aufmerksam zu begegnen. Alles wird in Alarmbereitschaft versetzt.

Die Stressreaktion ist eine ganze Kaskade an fein ausgeklügelten Vorgängen und Schaltkreisläufen im Körper.

Über verschiedene Stellen im Gehirn (z. B. Amygdala und Hypothalamus) und weitere Zwischenstellen, wird letztendlich die Nebenniere aktiviert, welche für die Ausschüttung von Adrenalin und Kortisol sorgt.

Diese aktivieren andere Botenstoffe im Körper und sorgen für die unterschiedlichsten Reaktionen im Körper, z. B. Erhöhung des Blutdrucks, Ausschüttung von Zucker ins Blut und eine erhöhte Muskelspannung.

Diese Reaktionen auf Stress sind wichtig und natürlich. Andernfalls würde es uns nicht geben, da unsere Vorfahren niemals die Angriffe von wilden Tieren überlebt hätten.

Nach einer kurzfristigen Stresssituation entspannen wir uns wieder und alles kehrt zum Normalzustand zurück.

Problematisch wird es allerdings, wenn diese Stressreaktion dauerhaft besteht.

 

Was sind die Folgen von chronischem Stress?

Chronischer Stress ist die Folge von dauerhaft bestehenden Stressoren bzw. Stressoren, die in sehr kurzen Zeitabständen immer wieder kehren.

Die Stress-Reaktion erfolgt somit dauerhaft und der Körper ist immer in Alarmbereitschaft. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Stressor als reale Bedrohung, eine belastende Situation oder innerlich in Form störender Gedankenmuster vorliegt. Der Körper macht hier keinen Unterschied und schmeißt immer wieder die selbe Reaktion an.

 

Was passiert bei chronischem Stress im Körper?

  • Kortisol, eines unserer Stresshormone, ist ständig erhöht und der Körper kann sich nicht mehr erholen und in seine wichtigen Ruhephasen zurückkehren. Dies kann unter anderem Verdauungsprobleme erzeugen, da die Versorgung des Magen-Darm-Trakts ständig vermindert ist. Wenn man vor einem Tiger flüchten will, bleibt keine Zeit zum Verdauen des Kuchens.
  • Es kommt zur Unterdrückung des Immunsystems und somit zu einer verminderten Abwehrkraft. Man neigt leichter zu Erkältungen und Infekten.
  • Das Schmerzempfinden wird gesteigert. Es kann zu dauerhaften Verspannungen und Schmerzen – wie z. B. Rückenschmerzen oder Kopfschmerzen – kommen.
  • Durch Stresshormone wird die Libido gedrosselt. Wer sich gerade gegen einen Tiger verteidigt, hat keine Zeit sich fortzupflanzen. Die Lust auf körperliche Nähe und Sex wird gedrosselt, es kann zu Potenzproblemen bei Männern kommen und der Zyklus der Frau kann gestört werden.
  • Durch die Stresshormone wie Adrenalin ist der Blutdruck ständig erhöht. Es kann zu Herz-Kreislauferkrankungen kommen.
  • Serotonin, eines unserer Glückshormone, wird unterdrückt, was Stimmungsschwankungen und Depressionen hervorrufen kann.

 

Was hat das Stresshormon Kortisol mit dem Verlangen nach Zucker zu tun?

Kortsitol ist ein lebenswichtiges Hormon für uns, ohne das viele Körperfunktionen nicht möglich wären. Es wird in der Nebenniere produziert und durch unterschiedliche (Stress-)Reize ausgeschüttet. Eine dauerhafte Erhöhung des Kortisolspiegels kann aber schädliche Auswirkungen haben.

 

 

Kortisol und unser Zuckerstoffwechsel

  • Kortisol ist dafür verantwortlich, schnell Energie im Körper bereit stellen. Dies funktioniert am einfachsten durch die Erhöhung des Blutzuckerspiegels. Daher regt Kortisol den Appetit an, und zwar ganz besonders den Heißhunger auf schnell verfügbaren Zucker und Kohlehydrate. Außerdem sorgt Kortisol über andere Hormone für eine schnelle Bereitstellung gespeicherter Energie (z. B. aus der Leber).
  • Die Aufnahme von Zucker aktiviert auch Insulin, was wiederum zu einer Speicherung der überschüßigen Energie führt. Da unsere heutigen Stressauslöser fast nie bedeuten, dass wir mehrere Kilometer vor einem wilden Tier wegrennen müssen, wird die bereitgestellte Energie auch nicht verbrannt und muss dementsprechend gespeichert werden. Dies passiert hauptsächlich am Bauch und um die Organe. Dies nennt man viszerales Fett. Dieses Bauchfett ist gesundheitlich viel bedenklicher, da es hormonelle Aktivität besitzt und Entzündungen und Stoffwechsel-Erkrankungen im Körper fördern kann. Auch schlanke Menschen können dieses viszerale Fett in bedenklichen Mengen aufweisen.
  • Ein dauerhaft erhöhter Kortisol-Spiegel ist zudem mit vielen weiteren Erkrankungen, u. a. Diabetes mellitus, Herzinfarkt und dem Metabolischen Syndrom (Übergewicht, Bluthochdruck, Störungen im Zuckerstoffwechsel und erhöhten Fettwerten im Blut) assoziiert.

 

Was bedeutet das konkret?

Noch nie waren wir so gestresst wie heute! Dabei macht es keinen Unterschied was der Stressor ist, die Stressreaktion läuft immer gleich ab. Gefährlich wird es, wenn diese Stressantwort dauerhaft besteht.

Ein hohes Stress-Level macht es nahezu unmöglich, auf Zucker zu verzichten und eine gesunde Lebensweise zu entwickeln. Daher ist eine ganzheitliche Änderung des Lebensstil statt einer reinen Ernährungsumstellung so wichtig.

 

Stress ist höchst individuell.
Es macht keinen Sinn sich hier mit anderen zu vergleichen, sondern wichtig ist in diesem Zusammenhang nur wie es dir geht, was deine persönlichen Stressoren sind und wie du damit umgehst.

 

 

 

Titelbild: CC Wenliang Chen, Flickr