Ein Plädoyer für gelebte Präsenz, gesunde High Performance und die Kunst, im Jetzt zu sein.
Es gibt diese stillen, unscheinbaren Momente, in denen sich etwas in uns verschiebt. Kein Knall, kein Drama. Nur ein Lichtstrahl, der durch den Alltag bricht – und uns plötzlich erinnert: Da ist mehr. Mehr Leben. Mehr Tiefe. Mehr Jetzt.
Diese Klarheit kommt oft, wenn wir gar nicht damit rechnen. Beim Blick aus dem Fenster. Beim Innehalten zwischen zwei Terminen. Wenn wir mitten im Trubel für einen Moment atmen. Oder wenn ein einziger Satz, ein bestimmter Duft, ein Blick uns mitten ins Herz trifft. Und dann wissen wir es wieder: Das Leben ist endlich. Und genau deshalb kostbar.
Für mich kam dieses Wissen nicht erst mit dem Alter. Es war die Palliativmedizin, die mir diesen Spiegel vorhielt. Dort – im Zwischenraum von Leben und Tod – wird alles plötzlich klar. Keine Masken mehr. Keine Rollen. Nur das Wesentliche. Die Liebe. Die Wahrheit. Die Sehnsucht nach Sinn.
Diese Nähe zur Endlichkeit hat mein Leben verändert. Sie hat mir gezeigt, dass Präsenz nicht einfach passiert. Sie ist eine Entscheidung. Eine Haltung. Ein ständiges Zurückkommen zu dem, was wir wirklich fühlen. Und sie ist der Schlüssel zu einem Leben, das sich nicht leer, sondern erfüllt anfühlt.
Was Menschen am Ende ihres Lebens wirklich bewegt
Bronnie Ware hat durch ihre Arbeit mit Sterbenden fünf Sätze gesammelt, die für viele zur letzten Wahrheit wurden:
Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, mein eigenes Leben zu leben.
Ich wünschte, ich hätte nicht so viel gearbeitet.
Ich wünschte, ich hätte meine Gefühle mehr gezeigt.
Ich wünschte, ich hätte meine Freundschaften gepflegt.
Ich wünschte, ich hätte mir erlaubt, glücklich zu sein.
Diese Sätze tragen keine Schwere – sondern eine tiefe Einladung. Sie sind wie ein Fenster, das sich öffnet. Sie zeigen uns, worauf es wirklich ankommt. Nicht in der Theorie – sondern im echten Leben. Im Alltag. Im Jetzt.
Denn am Ende zählen nicht die Dinge, die wir geschafft haben. Sondern die Momente, in denen wir wirklich da waren. Die Abende, an denen wir gelacht haben. Die Gespräche, die wir geführt haben, obwohl wir müde waren. Die kleinen Berührungen, die großen Gesten, das unausgesprochene Mitgefühl.
Der Tod als ehrlicher Spiegel
Wir haben gelernt, die Endlichkeit zu verdrängen. Sie passt nicht in unsere optimierte Welt. Wir organisieren, planen, denken voraus. Aber wir vergessen dabei oft das Einzige, was wirklich sicher ist: Dass unsere Zeit begrenzt ist. Und dass jeder Moment zählt.
Der Tod fragt nicht, wie viele Projekte du abgeschlossen hast.
Er fragt: „Warst du heute wirklich lebendig?“
Und genau diese Frage bringt uns zurück. Sie holt uns aus dem Funktionsmodus. Sie rückt den Blick zurecht. Auf das, was nicht messbar ist, aber trägt. Auf das, was bleibt, wenn alles andere fällt.
Vielleicht ist es unbequem, sich mit der Endlichkeit zu beschäftigen. Aber sie ist nicht unser Feind. Sie ist der ehrlichste Coach, den wir haben. Sie erinnert uns daran, dass wir jeden Tag wählen können, wie wir leben wollen. Und dass es nicht um Quantität geht – sondern um Qualität. Um Tiefe. Um Wahrhaftigkeit.
Wenn High Performance uns von uns selbst entfernt
Ich arbeite mit Menschen, die viel bewegen. Sie führen Teams. Familien. Unternehmen. Sie gestalten. Sie geben. Und oft – vielleicht zu oft – vergessen sie dabei sich selbst.
Sie sagen Sätze wie: „Ich bin ständig müde – aber funktioniere weiter.“ „Ich weiß gar nicht mehr, was mir Freude macht.“ „Ich leiste viel – aber es fühlt sich leer an.“
Das sind keine Schwächen. Es sind Hinweise. Hinweise auf ein System, das zwar läuft, aber nicht mehr nährt. Auf ein Leben, das von außen betrachtet funktioniert – aber innen nach Tiefe ruft.
Echte High Performance entsteht nicht aus Selbstoptimierung. Sie entsteht aus Selbstverbindung. Aus innerer Klarheit. Aus der Fähigkeit, auch mal innezuhalten. Zu spüren. Und zu fragen: Was brauche ich – wirklich?
Gesundheit ist kein Hindernis für Erfolg. Sie ist sein Fundament. Und sie beginnt mit der Entscheidung, dir selbst wieder zuzuhören.
Fünf Rituale, die dich zurück ins Jetzt holen
Du musst nicht dein ganzes Leben umkrempeln, um wieder bei dir anzukommen. Manchmal reichen kleine Rituale. Kleine Anker, die dich im Alltag erinnern:
1. Evening Clarity – Ein ehrlicher Blick zurück
Bevor du den Tag abschließt, frag dich:
„Bin ich heute mir selbst treu gewesen? Habe ich geliebt, gelacht, innegehalten?“
Vielleicht ist die Antwort nicht immer ein klares Ja. Aber sie öffnet den Raum – für bewusste Entscheidungen am nächsten Tag. Für mehr Echtheit. Mehr Präsenz.
2. One Slow Hour a Day – Eine Stunde ohne Ziel
Schenk dir täglich eine Stunde, die nur dir gehört. Ohne Erwartungen. Ohne Output. Vielleicht gehst du spazieren. Vielleicht sitzt du einfach still. Vielleicht schreibst du. Es ist deine Zeit. Dein Raum. Und dein Weg zurück zu dir.
3. Das Letzte-Mal-Mindset – Tiefer leben
Versuch, alltägliche Momente so zu erleben, als wären sie einzigartig. Nicht aus Angst – sondern aus Liebe. Schau deinen Partner, dein Kind, eine Freundin so an, als wäre es das letzte Mal. Und du wirst merken: Die Verbindung wird tiefer. Und du wirst wacher.
4. Body Check-In – Dein Körper als Kompass
Halte zwischendurch inne. Leg die Hand auf dein Herz oder deinen Bauch und frage dich:
„Was brauche ich gerade?“
Dein Körper weiß mehr, als du denkst. Und wenn du lernst, wieder hinzuhören, wirst du merken: Da ist ein feines, stilles Wissen, das dich führt.
5. Create Fast. Live Slow. – Dein Mantra für den Tag
Ja, du darfst gestalten, erschaffen, führen. Aber du darfst auch langsam leben. Bewusst. Mit Herz. Und in Verbundenheit mit dir. Lass diesen Satz zu deinem inneren Leitstern werden. Schreib ihn dir auf. Häng ihn dir irgendwo hin. Und erinnere dich immer wieder daran: Du darfst beides. Schnell kreieren. Und tief leben.
Jetzt. Nicht später.
Du musst nicht alles auf einmal verändern. Aber du darfst dich heute entscheiden. Für einen Moment der Stille. Für einen echten Blick. Für ein Gespräch, das verbindet. Für ein Lächeln, das du nicht aufschiebst.
Frag dich:
✨ Was nährt mich wirklich?
✨ Was möchte ich heute nicht aufschieben?
✨ Womit möchte ich aufhören, weil es mich von mir selbst entfernt?
Denn du bist nicht hier, um nur zu funktionieren.
Du bist hier, um lebendig zu sein.
Und du darfst dir genau das heute schenken:
Ein kleines bisschen mehr Jetzt.
Ein kleines bisschen mehr Du.
Denn das Leben ist nicht irgendwann. Es ist jetzt. Es ist dieser Atemzug. Dieser Tag. Dieses bewusste „Ja“ zu dir.
Und vielleicht ist genau das der Anfang von allem.
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